VLR - Very Light Rotorcraft - Hat das Zukunft?
Hubschrauberfliegen ist teuer und das in jeder Hinsicht. Zum einen liegen die Anschaffungspreise selbst der kleinsten Muster, wie dem zweisitzigen Robinson R 22 oder dem quasi dreisitzigen Schweitzer 300, weit über denen moderner und gut ausgestatteter UL-Flugzeuge oder zweisitziger Muster der Echoklasse. Des weiteren bewegen sich die Betriebskosten auch dieser kleinen Hubschrauber mit Kolbenmotor ebenfalls auf einem für den Privateinsatz schon grenzwertigen Niveau auf Grund deutlich höheren Aufwandes für den Unterhalt einschließlich regelmäßiger Wartung und den schmerzlich hohen Treibstoffkosten.

Das alleine genügt schon, um die Flugstundenpreise der Ausbildung zum Hubschrauberpiloten in entsprechende Höhen zu treiben, den Rest besorgt die Komplexität der hiesigen Ausbildungsregeln. Als allgemeiner Richtwert dürfen mindestens 15.000 bis 16.000 Euro angesehen werden, also nicht gerade der Inhalt einer durchschnitlichen Portokasse.

Bilder zum Vergrößern im PopUp anklicken

Wen wundert es da, daß seinerzeit ein großes Interesse im Kreise der Privatpiloten zu verzeichnen war, als hierzulande die Bemühungen um die Einführung einer Klasse für ultraleichte Hubschrauber wie in Italien auf ihrem Höhepunkt war. Dabei ging es damals nicht einmal um die Senkung des Ausbildungsniveaus von Privathubschrauberpiloten, als vielmehr um die Einrichtung einer fliegerischen Klasse, die nach dem Vorbild der hiesigen ultraleichten Luftsportgeräte das Hubschrauberfliegen erschwinglicher hätte machen können.

Doch die sagenumwobene Fähigkeit von Hubschraubern, in der Luft anhalten und auf der Stelle stehenbleiben und sogar seit- oder rückwärts fliegen zu können, wird landläufig als die größte Herausforderung an die Geschicklichkeit von Piloten dargestellt und eben dieses sollte seinerzeit das fadenscheinige Hauptargument dagegen werden, in Deutschland das Fliegen mit ultraleichten Hubschraubern zuzulassen.
Der damalig amtierende Bundesverkehrsminister Müntefering ließ erklärend antworten, weshalb es keine UL-Hubschrauber geben sollte, daß unter anderem der Betrieb dieser Geräte eine ständig erhöhte Konzentration erfordere, was deren Freizeitwert einschränke. Auch müsse eine, im Vergleich zu ULs, umfangreichere Ausbildung vorausgesetzt werden. Eine solche lag damals durchaus vor und diese orientierte sich in Theorie und Praxis eng am privaten Hubschrauberflugschein PPL-E. Daß man beim Motorradfahren auch nicht schlafen kann, muß bezüglich der währenddessen erforderlichen Aufmerksamkeit wohl nicht explizit erwähnt werden und daß die italienischen UL-Hubschrauberpiloten schon seit Jahren etwas tun, was nach Einschätzung deutscher Behörden hiesigen Privatpiloten gar nicht zuzusprechen ist, belegt die Eindimensionalität der regierungsseitig getroffenen Entscheidung gegen UL-Hubschrauber.

Auf eine Vielzahl enttäuschter Nachfragen wurde vom Luftfahrtbundesamt zwar beschwichtigend als Alternative die mögliche Schaffung einer VLR-Klasse mit vereinfachtem Muster-Zulassungsverfahren genannt, doch gab es damals, 1999, wie heute kein einziges leichtes Hubschraubermuster, das den hierzulande ebensowenig existierenden VLR-Bauvorschriften entspräche. Ein Paradoxon in sich, das überdies durch die Existenz einer solchen VLR-Kategorie zumindest in Italien relativiert werden muß.

Dort und auch andernorts haben sich immerhin zwei Unternehmungen über die Jahre gehalten und entgegen manch' schwieriger nationaler Rahmenbedingung an der Weiterentwicklung ihres Hubschraubers festgehalten. Da ist zum einen der Masquito M80 eines belgischen Untermehmens und zum anderen der schon beinahe als betagt zu bezeichnende Dragonfly 333 AC mit zuvor genannter italienischer VLR-Zulassung.
Der Dragonfly - hier in einer Aufnahme aus dem Jahr 1997 - erhielt ein Jahr zuvor von der italienischen Luftfahrtbehörde (RAI) seine Zulassung als Very Light Rotorcraft nach FAR 27 für Hubschrauber.

Die Entwicklung des belgischen Masquito begann 1994 und der erste Prototyp flog zwei Jahre später.

Beiden Mustern ist gemein, daß die ursprüngliche Wahl der jeweiligen Triebwerke ihre Hubschrauber-Konstrukteure bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht zufriedengestellt haben. Das hat in beiden Häusern zu grundsätzlichen Entscheidungen geführt, die ihre Hubschrauber schließlich sicher in die Luft bringen sollen. Masquito Aircraft hat sich nach Versuchen mit einem Rotax-Zweitakter und einem Jabiru Viertakter entschlossen, selbst ein Triebwerk zu entwickeln, das den speziellen Anforderungen des Hubschrauberbetriebs gerecht werden soll.

Bei DF-Helicopters, die den Dragonfly deutlich modifiziert haben und nun unter dem Namen DF 334 GP Dragon vermarkten, traf man die nicht leichte Entscheidung, den ursprünglichen Hirth Vierzylinder- Zweitakter gegen den Rotax 914 Turbo Vierzylinder-Viertakter auszutauschen. Nicht leicht gefallen ist diese Entscheidung deshalb, weil der neue Motor in den bereits bestehenden Rahmen eingearbeitet werden mußte, ohne durch eine allzu große Strukturveränderung die bestehende VLR-Zertifizierung außer Kraft zu setzen.

Und während das überarbeitete italienische Muster aus dem Hause DF-Helicopters zumindest auf eine gültige Zulassung als Leichthubschrauber im eigenen Land blicken darf, versucht die belgische Masquito Aircraft eine solche über die Luftfahrtbehörden in England zu erhalten.

Doch eine allzuschnelle Verbreitung leichter Hubschrauber unterhalb der normalen H-Kategorie war bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch die Langsamheit bei der Festlegung entsprechender international gültiger Bauvorschriften gebremst. Zumindest aber scheinen sich die mit diesem Prozeß befaßten Institutionen auf bereits bestehende Texte zu beziehen, wie die Bauvorschriften der englischen und amerikanischen Luftfahrtbehörden CAA und FAA. Ab Ende September 2003 ist nun die European Aviation Safety Agency (EASA) für eben auch dieses Feld zuständig und immerhin gibt es bereits ein umfangreiches Papier in Sachen Very Light Rotorcraft. Auf rund 90 Seiten lassen sich die VLR- Zertifizierungs-Bestimmungen der EASA nachlesen. Dieses Dokument findet sich unten auf der Webseite der EASA unter dieser Adresse: http://www.easa.eu.int/certspecs_en.html

Es gilt nun, nationale Anwendungsregelungen zu entwickeln, um überall in Europa nach einheitlichen Vorschriften leichte Hubschrauber bauen und auch betreiben zu können. Wünschenswert ist hier die Übernahme einer Passage aus dem britischen Regelwerk, nach der die Schulung mit entsprechend zertifizierten Hubschraubern legitim wäre. Hierzu müßte dann auch eine entsprechende Lizenz erarbeitet werden, die wie der neue nationale PPL-N nach oben ausbaufähig sein sollte. Solches wäre im Sinne einer erschwinglichen Hubschrauber-Grundschulung zu wünschen. Und was nun schließlich mit Einführung der JAR-FCL für die leichten Flächenflugzeuge ermöglicht werden konnte, sollte auch mit Drehflüglern klappen. Im Zweifel ließen sich hier die Italiener beratend konsultieren.