Die Inhalte dieser Rubrik
Es sollen hier in loser Folge Beiträge zur Situation um das "leichte" Hubschrauberfliegen erscheinen. Sachinformationen, Kommentare und Meinungen werden die Inhalte dieser Rubrik bilden. Neben den klassischen Informationen in Text- und Bildform sind auch Kurzbeiträge in Form von Videoclips in Vorbereitung. Als Erstes werden Interviews zum Thema UL-Hubschrauber und zum Thema VLR erscheinen, die auf der diesjährigen AERO in Friedrichshafen entstanden sind.

Den Auftakt macht ein Rückblick auf die Entwicklung und das "Sterben" der UL-Hubschrauberfliegerei in Deutschland, sowie die offizielle Begründung des Gesetzgebers für die Nicht-Einführung einer Klasse für ultraleichte Hubschrauber.


. . . und die Italiener hatten doch recht!

Die Zeiten sind lange vorbei, als man sich in Deutschland noch Hoffnung machen konnte, mit ultraleichten Hubschraubern fliegen zu dürfen.

Und dabei hatte es zeitweise so ausgesehen, als stünde eine entsprechende Erweiterung der Kategorie ultraleichter Luftsportgeräte in Deutschland kurz bevor. Ende 1997 waren die Vorbereitungen zur Schaffung einer eigenen Klasse für UL-Hubschrauber praktisch soweit vorangeschritten, daß nur noch die berühmte, alles absegnende Unterschrift auf entsprechenden Dokumenten zu fehlen schien.

Im Frühjahr 1998 hätte es demnach dann auch in Deutschland nun endlich losgehen können, mit der ultraleichten Hubschrauberfliegerei, so, wie es sie in Italien schon seit einiger Zeit gab. Bisher hatte man stets nur neidvoll auf dieses Land mit der - zumindest in diesem Punkt - unbegrenzten fliegerischen Freiheit blicken können und sich vor allem immer wieder der ironischen Vorhaltung italienischer Freunde ausgesetzt sehen müssen: "Bis - und vor allem - ob Ihr das bei Euch wohl jemals hinbekommt...!?" Denn schon seit Anfang der 90er Jahre gibt es dort die kleinen, leichten Einsitzer aus dem Hause Heli-Sport Turin mit dem zweitaktigen 582er Rotax-Motor mit zwei Zylindern.

1997 stellt die Firma dann u.a. für Schulungszwecke eine doppelsitzige Version ihres Models CH-7 vor, den Kompress. Kompress steht im italienischen für aufgeladen und meint den Turbolader des vierzylindrigen 4-Takt-Triebwerks, das nun in diesem neuen Hubschrauber seinen Dienst tut. Und auch der Einsitzer wird jetzt ebenfalls mit einem Vierzylinder-Viertakter versehen, was nicht nur dessen Sicherheits- und Leistungsspektrum verbessert, sondern auch den Treibstoffverbrauch mindert.

Bis zum Erscheinen des Doppelsitzers hatte der italienische Hersteller dieser UL-Hubschrauber bereits über 120 einsitzige Modelle produziert. Fast zwei Drittel davon blieben im eigenen Land und die weiteren wurden in alle Welt verkauft.

In Deutschland hingegen war das Interesse an ultraleichten Hubschraubern gerade erst erwacht und es ist dem Geist für's Besondere zu verdanken, daß hierzulande der Betreiber einer UL-Schule und Inhabers eines luftfahrttechnischen Betriebs auf diesem Gebiet Pionierarbeit leisten wollte.

1994 entschloß sich Rainer Struller im fränkischen Waizenhofen nicht nur, den deutschen Vertrieb der italienischen UL-Hubschrauber zu übernehmen, sondern auch den Weg für die Schaffung einer eigenen UL-Hubschrauber-Klasse im Rahmen deutscher Luftsportgesetze mit zu ebnen.

Im Auftrag des Deutschen Aeroclubs absolvierte Struller, der auch die Prüfberechtigung Klasse 5 besitzt, ein Flugerprobungsprogramm, um die Lufttüchtigkeit seines ersten in Deutschland gebauten CH-7 Angel nachzuweisen. Von den erbrachten Ergebnissen und gewonnenen Erkenntnissen sollten unter anderem die zukünftigen Bauvorschriften für ultraleichte Hubschrauber hergeleitet werden.

Zugleich wurden auch die Kriterien für eine UL-Hubschrauberausbildung erarbeitet. Dabei stand maßgeblich der Fluglehrer und mehrmalige Deutsche Meister im UL-Fliegen Peter Unterburger zur Seite, der hauptberuflich Hubschrauberfluglehrer bei der Bundeswehr, sowie anerkannter Sachverständiger des Luftfahrt-Bundesamtes für die CH-7-Hubschrauber ist und das Amt des Referenten für Drehflügler bei der Ultraleicht-Kommission des Deutschen Aeroclubs innehat.

Im Gegensatz zu den italienischen Regeln für die UL-Hubschrauberschulung sollten sich die zukünftigen deutschen Ausbildungsvorschriften für diese Lizenz deutlich an denen des "normalen" Hubschrauberscheins anlehnen.

Während die Italiener für die praktische Ausbildung nur 30 Flugstunden bis zur Prüfung verlangen, sollten es hierzulande mindestens 40 sein, so, wie auch beim "großen" PPL-E.

Die Theorie sollte - wie bei der Ausbildung für den deutschen Schein für UL-Flächenflugzeuge - mindestens 60 Stunden umfassen aber durch den Umfang und die Besonderheiten der Hubschraubertechnik und -aerodynamik wären es am Ende dann sogar auch fast 80 Stunden geworden. So hatte man den Lehrstoff auf die Erfordernisse leichter Hubschrauber mit Kolbentriebwerk ohne umfangreiche Avionik, Hydraulik und Turbinentechnik auf 70 Theoriestunden festgelegt; in Italien umfaßt die theoretische Ausbildung 40 Stunden.

Insofern hätten die erarbeiteten Resultate ausgereicht, deutschen Interessenten an der Lizenz für UL-Hubschrauber eine angemessene und qualifizierte Ausbildung zu vermitteln.

Auch das Flugerprobungsprogramm des CH-7 Angel von Rainer Struller hatte unterdessen erwartungsgemäß zu überaus positiven Ergebnissen geführt. Das konnte auch gar nicht anders sein, denn die Muster des italienischen Herstellers Heli-Sport Turin dürfen für sich verbuchen, daß bisher kein gravierender Unfall zu verzeichnen ist, der auf technisches Versagen ihrer Konstruktion zurückzuführen ist. Denn schließlich ist die ausgereifte Technik dieses Leichthubschraubers der langjährigen Entwicklungsarbeit des argentinischen Hubschrauberkonstrukteurs Augusto Cicaré zu verdanken, dessen Grundkonstruktion die Italiener übernommen und bis zum heutigen Stand weiterentwickelt haben.

So erwuchs aus der allgemeinen Goldgräberstimmung Hoffnung bei vielen, die sich mittlerweile mit der Materie beschäftigt und die UL-Hubschrauberschulung für das Frühjahr 1998 bereits fest in ihre Terminplanug einbezogen hatten.

Diese Stimmung wurde dann aber jäh durch eine unerwartete Verkündung des Bundesministerium für Verkehr gedämpft. Der BMV teilte mit, daß ein Bund-Länder-Ausschuß sich nochmals erneut mit der Sache auseinanderzusetzen habe und man zu einem späteren Zeitpunkt ein finales Ergebnis verkünden werde.

Verwirrung, Ratlosigkeit und auch große Enttäuschung verbreitete sich, es wurde gemunkelt, Gerüchte verbreiteten sich, doch blieb letztendlich nichts anderes übrig, als das Ergebnis eben dieses Bund-Länder-Ausschusses abzuwarten.

Auf der Aero 1999 sollte dann schließlich verkündet werden, welches Ergebnis die erneute Beschäftigung mit dem Gedanken an ultraleichte Hubschrauber in Deutschland gebracht hatte. Es war schlicht niederschmetternd: Die Einführung einer Klasse für ultraleichte Hubschrauber werde es nach erneuter Prüfung aller bisherigen Beurteilungskriterien hierzulande nicht geben!

Das war das Aus und alle ernsthaften Bemühungen, die bisher mit Sachverstand und Engagement betrieben wurden, eine solide Grundlage für diese besondere und aus eigener Erfahrung beurteilt, faszinierenden Art des Fliegens zu schaffen, waren mit einem Mal Makkulatur und daran konnten auch die schon während der Aero und danach erfolgten Bemühungen nichts ändern.

Im Affekt ausgesprochene Absichtserklärungen seitens der Verbände, spontane Unterschriftenlisten und eindringliche Gespräche mit den Vertretern der getroffenen Entscheidung noch während der Messe, vor allem aber die späteren Bemühungen aller UL-Hubschrauberbefürworter haben schließlich trotz bestem Wollen und Meinen nicht den Ansatz einer Abweichung von der regierungsseitig getroffenen Entscheidung bewirkt.

Was nun die Begründung für diese offizielle Entscheidung angeht, so seien hier die kurzen Zeilen des damaligen Ministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Franz Müntefering (SPD) abgedruckt, die seinerzeit eine Beantwortung der Frage nach dem "Warum" lieferten:

Hier heißt es:

"Die Gründe für die Entscheidung (gegen UL-Hubschrauber) der Arbeitsgruppe waren insbesondere folgende:

Im Vergleich zu anderen Luftsportgeräten hohe Anforderungen an den Piloten:

Der Erfahrungsbericht sowie verschiedene Aussagen von Piloten solcher Geräte bestätigen, daß eine im Vergleich zu ULs umfangreichere Ausbildung vorausgesetzt werden muß und der Betrieb dieser Geräte eine ständig erhöhte Konzentration erfordert. Damit ist auch der Freizeitwert dieser Geräte eingeschränkt.

Technik der Geräte:

Derzeit liegen keine so weit gehenden Erfahrungen mit diesen Geräten vor, daß eine Musterzulassung von einem der Verbände ohne zusätzlichen Aufwand möglich wäre. Vertieftes Wissen wäre aber zur Beurteilung von Mängeln und ggf. Herausgabe von Lufttüchtigkeitsanweisungen erfordelich.

Umweltaspekt:

Im Vergleich zu anderen Luftsportgeräten haben die ultraleichten Hubschrauber einen erhöhten Kraftstoffverbrauch.

Diese Kriterien wirken sich auch auf den Sicherheitsaspekt aus. Hierbei wurde das Gefährdungspotential für Dritte am Boden, die Gefährdung von Fluggästen, die sich zahlend oder als Gäste der Risiken nicht immer in vollem Umfang bewußt sind, und die Gefährdung des Luftsporttreibenden selbst bewertet und für diese Geräte als höher eingestuft, als bei übrigen Luftsportgeräten. Inwieweit die bisher geringe Anzahl an Interessenten den administrativen Aufwand rechtfertigt, blieb offen.

Diese Erwägungen sind einzeln betrachtet noch kein Ablehnungsgrund. In der Summe ergeben sie aber, daß die ultraleichten Hubschrauber zumindest derzeit nicht in die Gruppe der Luftsportgeräte passen. Eine Zulassung über das Luftfahrt-Bundesamt und der Betrieb nach den Regelungen für Drehflügler ist weiterhin möglich." (Antwortschreiben des BMV vom 27.5.1999, LS 15/60.89.07-12)

Diese Begründungen warfen natürlich - und daher erneut vorgetragen - weitere Fragen auf, von deren Beantwortung aber mit dem Hinweis auf obiges Schreiben seitens sich selbst der BMV damals einfach absah; alles entsprechende sei ja bereits mitgeteilt worden.

Das unvermeidlich und höchst subjektive Fazit

So haben am Ende die Italiener Recht behalten und uns bleibt nur, ihnen zu gestehen: "Wir haben es nicht hinbekommen - oder besser - man hat uns nicht dürfen lassen, obwohl wir es können hätten lernen wollen. Und das nach sogar "geregeltereren" Regeln, als Ihr."

Was bleibt, sind Zweifel daran, ob das Fliegen mit ultraleichten Hubschraubern südlich der Alpen überhaupt existiert - denn wie sollten so viele Freizeit-Piloten mit ihrer sogar einfacheren Ausbildung die erforderliche ständig erhöhte Aufmerksamkeit beim Fliegen überhaupt aufbringen, wenn uns Deutschen - als Maßstab der Welt - diese Fähigkeit schon nicht zugebilligt wird. Aber wahrscheinlich liegen wir gerade wieder einmal schlafend auf unserem Schreibtisch und träumen das Ganze einfach nur.